Nachehelicher Ehegattenunterhalt
Der Anspruch auf nachehelichen Unterhalt entsteht mit Rechtskraft der Scheidung. Es handelt sich um einen eigenständigen Unterhaltsanspruch und keine Fortsetzung des Trennungsunterhalts. Er muss daher separat geltend gemacht werden. Grundsätzlich gilt nach der Scheidung, dass jeder Ehegatte für seinen Lebensunterhalt selbst verantwortlich ist. Dieser Grundsatz der Eigenverantwortung wurde durch die Gesetzesreform in 2008 verstärkt. Der Grundsatz der ehelichen Solidarität in Form der wechselseitigen wirtschaftlichen Verantwortung des Einkommensstärkeren gegenüber dem Einkommensschwächeren tritt dabei in den Hintergrund. Ein Unterhaltsanspruch nach der Scheidung kommt nur in Betracht, wenn ein gesetzlicher Unterhaltstatbestand vorliegt, wie zum Beispiel:
Unterhalt wegen
- Betreuung eines gemeinschaftlichen minderjährigen Kindes (Betreuungsunterhalt)
- Alter (Altersunterhalt)
- Krankheit (Krankheitsunterhalt)
- Arbeitslosigkeit (Arbeitslosenunterhalt)
- Aufstockung des eigenen Einkommens (Aufstockungsunterhalt)
- Ausbildung (Ausbildungsunterhalt)
Der nacheheliche Unterhaltsanspruch kann wegen Unbilligkeit befristet und/oder auf den angemessenen Lebensbedarf herabgesetzt werden (Herabsetzung und Befristung nach Billigkeitskriterien).
Ob ein Unterhaltsanspruch besteht, in welcher Höhe, ob befristet oder unbefristet, bedarf immer einer Einzelfallprüfung. Zentraler Wertungsaspekt ist hierbei, ob und in welchem Ausmaß durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen (Ausgleich sogenannter ehebedingter Nachteile). Die Frage, ob ein Ehepartner durch die Eheschließung wirtschaftliche Nachteile erlitten hat, sei es, dass er seine berufliche Tätigkeit für gemeinsame Kinder und die Familie aufgegeben oder eingeschränkt hat und diese nicht mehr aufnehmen kann, wirft eine Vielzahl von Fragen auf und führt oft zu Auseinandersetzungen zwischen den Ehegatten. Hierbei kann der rechtzeitige Abschluss eines Ehevertrages sinnvoll sein und helfen, jahrelange Gerichtsprozesse zu vermeiden.
Wichtige Änderungen beim nachehelichen Unterhalt ab 01.02.2013
Mit der Regelung des § 1578 b BGB wird den Härten, die es in Fällen einer langen Ehedauer seit der Unterhaltsreform 2008 gegeben hat, ein Ende bereitet. Die Neuregelung sorgt dafür, dass Ehegatten nach der Scheidung einer langjährigen Ehe durch die Beschränkung des nachehelichen Unterhalts nicht unverhältnismäßig stark getroffen werden.
Nach Inkrafttreten der Unterhaltsreform im Jahre 2008 haben einige Gerichte die Unterhaltsansprüche zum Teil sehr beschränkt, ohne hierbei die lange Ehedauer zu berücksichtigen. Insbesondere Frauen haben nach der Eheschließung ihre Berufstätigkeit zugunsten von Pflege und Erziehung der Kinder und Führung des Haushalts für viele Jahre vollständig oder teilweise aufgegeben. Sie standen nach der Scheidung oftmals vor dem finanziellen Aus. Inzwischen hat der Bundesgerichtshof (BGH) klargestellt, dass eine Befristung oder Begrenzung eines nachehelichen Unterhaltsanspruchs bei Ehen von langer Dauer unzulässig sein kann (Aktenzeichen XII ZR 202/08 vom 06.10.2010, FamRZ 2010,1971).
Berechnung des nachehelichen Unterhaltsanspruchs
Einkommen ist maßgebend
Für die Berechnung des Unterhalts ist das Einkommen beider Ehegatten maßgebend. Zum Einkommen zählen nicht nur die Einkünfte aus unselbständiger oder selbständiger Tätigkeit, sondern darüber hinaus auch u.a.
- Mieteinkünfte,
- Kapitaleinkünfte,
- Renten,
- Steuererstattungen.
Abzug besonderer Belastungen
Von den Einkünften eines jeden Ehegatten können besondere Belastungen abgezogen werden. Voraussetzung ist, dass diese Belastungen auch eheprägend waren, also während der Ehezeit entstanden sind.
Abzugsfähig sind zum Beispiel
- Steuern,
- Sozialabgaben, wie zum Beispiel Aufwendungen für die
- gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung,
- Rentenversicherung,
- Arbeitslosenversicherung.
- Ratenkredite
- Darlehensbelastungen für die Finanzierung eines Eigenheims oder einer Eigentumswohnung
- Aufwendungen für eine private Kranken- und Altersvorsorge in begrenztem Umfang
Wohnvorteil
Zu berücksichtigen ist, dass sich derjenige, der nach der Trennung im Eigenheim wohnen bleibt, einen sogenannten „Wohnvorteil“ zurechnen lassen muss. Denn das mietfreie Wohnen im eigenen Heim wird als wirtschaftliche Nutzung des Vermögens unterhaltsrechtlich wie Einkommen behandelt. Dies ist auch interessengerecht, da sich derjenige, der aus dem Eigenheim auszieht, in der Regel eine Wohnung suchen muss und hierfür Miete bezahlt. Ein Wohnvorteil liegt nur vor, soweit der Wohnwert die berücksichtigungsfähigen Darlehensbelastungen, die erforderlichen Instandhaltungskosten und die verbrauchsunabhängigen Kosten übersteigt. Während der Trennungszeit ist nicht der volle Mietwert (objektiver Wohnwert) anzusetzen, sondern nur ein sogenannter „subjektiver Wohnwert“. Es sollen noch keine endgültigen Fakten bis zum endgültigen Scheitern der Ehe geschaffen werden. Erst nach der Scheidung wird der volle Mietwert einer Immobilie berücksichtigt.
Abzug berufsbedingter Aufwendungen
Von dem Einkommen werden sodann pauschal fünf Prozent (maximal 150,00 €) als berufsbedingte Aufwendungen in Abzug gebracht (Ausnahme: bei Renteneinkünften). Diese Pauschale wird vom Nettoeinkommen vor Abzug von Schulden und besonderen Belastungen abgezogen. Wenn die berufsbedingten Aufwendungen die Pauschale übersteigen, sind diese im Einzelnen konkret darzulegen.
Berücksichtigung von fiktivem Einkommen
Wenn der Unterhaltsberechtigte nicht arbeitet, obwohl er hierzu in der Lage wäre und ihm eine Arbeit auch zugemutet werden kann, kann ihm ein fiktives Einkommen angerechnet werden. Bei der Unterhaltsberechnung wird er rechnerisch so behandelt, als wenn er die Einkünfte erzielen würde, obgleich er tatsächlich nicht über diese Einkünfte verfügt.
Konkrete Unterhaltsberechnung
Bei der konkreten Unterhaltsberechnung wird das durchschnittlich erzielte Einkommen des Unterhaltspflichtigen herangezogen. Sodann werden die abzugsfähigen Belastungen, wie Steuern, Sozialabgaben, Kreditverbindlichkeiten, Altersvorsorge (siehe oben) in Abzug gebracht. Hiervon wird ein eventuell geschuldeter Kindesunterhalt abgezogen.
Erwerbstätigenbonus
Von dem ermittelten Betrag wird ein sogenannter Erwerbstätigenbonus in Abzug gebracht. Dieser Bonus dient dazu, dem Erwerbstätigen einen Anreiz für seine weitere Erwerbstätigkeit zu geben. Nach den Unterhaltsleitlinien des Oberlandesgerichts Frankfurt hat der Unterhaltsberechtigte Anspruch auf 3/7 des anrechenbaren Erwerbseinkommens des Unterhaltspflichtigen. Bei den sonstigen Einkünften (zum Beispiel aus Miete, Kapital etc.) hat der unterhaltsberechtigte Ehegatte grundsätzlich einen Anspruch auf die Hälfte der anrechenbaren Einkünfte (sogenannter Halbteilungsgrundsatz).
Wichtig ist jedoch, dass der Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen nicht unterschritten werden darf.
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